LEVEL 3: Wie spielt mein Kind gesünder und sicherer? Umgang und Regelungen

Der Umgang im Alltag

Verbringt das Kind mehr und mehr Zeit vor dem Bildschirm, ist die Sorge bei den Eltern schnell sehr groß. Der Artikel klärt auf, welches Nutzungsverhalten „normal“ ist, zeigt aber auch auf, ab wann es bedenklich wird.

Spielzeiten


Eltern sorgen sich oft, dass ihr Kind zu viel Zeit vor dem Bildschirm verbringt. Für Kinder und Jugendliche haben digitale Räume einen besonderen Stellenwert. Hier pflegen sie Freundschaften und können sich selbst verwirklichen. Zudem machen (digitale) Spiele einfach Spaß. So bleibt es nicht aus, dass gerade die Beschränkung der Bildschirmzeit ein gewisses Konfliktpotenzial birgt, vor allem dann, wenn etwa ein laufendes Spiel unterbrochen werden muss oder aus Sicht der Erziehungsberechtigten etwas Relevantes ansteht, das dem Spielen des Kindes entgegensteht. Kern vieler Konflikte sind Unsicherheiten. Während sich Erziehungsberechtigte darum sorgen, dass ihre Kinder andere wichtige Lebensbereiche vernachlässigen, fühlen sich junge Menschen oft missverstanden.

Hinschauen
Transparente Verabredungen können hier für Klarheit sorgen. Hier sollten Erziehungsberechtigte aufrichtiges Interesse am Hobby ihrer Kinder zeigen und sich Besonderheiten der Spiele – etwa die Dauer einer Partie – erklären lassen, um Missverständnisse zu vermeiden. Geht eine Runde in einem Spiel zwischen 25 und 30 Minuten und sind dem Kind 20 Minuten Bildschirmzeit erlaubt, ist ein Konflikt vorprogrammiert. Sinnvoller wäre hier beispielsweise die Beschränkung der Spielzeit auf eine bestimmte Anzahl Partien.

Im Gespräch bleiben und Vereinbarungen treffen
Auf der anderen Seite sollten auch Erziehungsberechtigte offen ihre Bedenken und Ängste kommunizieren. Ein Mediennutzungsvertrag kann hier eine gute Grundlage bilden. Hier treffen Erziehungsberechtigte und Kinder auf Augenhöhe Vereinbarungen zum Gamingverhalten. Neben der Spielzeit können im Mediennutzungsvertrag auch weitere Punkte aufgenommen werden. Achten Sie darauf, auch Spielpausen festzulegen. Hier festgelegte Regeln gelten nicht nur für die Kinder, sondern auch für alle Familienmitglieder. Gehen Sie also mit gutem Beispiel voran.

Sollte es erneut zu Streit kommen, kann der Vertrag neu ausgehandelt werden. Grundsätzlich gilt, dass mit steigendem Alter auch die selbst zu verantwortende Spielzeit des Kindes oder des Jugendlichen anwachsen kann.

Exzessives Spielen – Ist mein Kind süchtig?


Zwar sind digitale Spiele meist nur ein Hobby unter vielen. Dennoch sorgen sich Erziehungsberechtigte, manchmal zu Recht, dass ihre Kinder sich nicht mehr vom Bildschirm lösen können und vermuten suchthaftes Verhalten. Die Weltgesundheitsorganisation führt die “Gaming Disorder” als stoffunabhängige Sucht, ähnlich dem Glücksspiel, und führt im Katalog der ICD-11 seit 2022 folgende drei Kriterien auf:
  • Personen verlieren die Kontrolle über das Spielen. Sie können beispielsweise nicht aufhören oder spielen immer häufiger.
  • Das Spielen nimmt einen so hohen Stellenwert ein, dass andere Lebensbereiche, wie Freundschaften, Schule/Beruf oder Hobbys vernachlässigt werden.
  • Personen üben das Verhalten weiter aus, obwohl sich daraus negative Konsequenzen ergeben.[1]


Professionelle Beratung
Damit eine professionelle Fachkraft eine Diagnose stellen kann, müssen die Symptome in der Regel über mindestens zwölf Monate anhalten oder eindeutig und schwerwiegend sein. Sollten Sie sich diesbezüglich Sorgen machen, sollten Sie professionelle Hilfe suchen und Kontakt zu einer lokalen Beratungsstelle aufnehmen.

Bei Selbstdiagnosen und eigenhändigen Pathologisierungen ist hingegen Vorsicht geboten. Exzessives Spielen und Rückzug ins Spiel können typische Verhaltensweisen von pubertierenden Heranwachsenden oder auch Ausdruck ganz anderer Ursache sein. Vielleicht hat ihr Kind gerade Kummer und versucht durch das Spielen einem anderen Problem zu entfliehen. Vielleicht hat es Sorge, den Kontakt zu seinen Freunden und Freundinnen zu verlieren, wenn es nicht gemeinsam mit ihnen spielt oder es eifert einem Vorbild aus der E-Sport-Szene nach. Die Gründe können vielfältig sein, weshalb Sie immer den Kontakt zu Ihrem Kind suchen sollten. Seien Sie offen, aber nehmen Sie auch eine eigene Haltung ein und zeigen Grenzen auf. Manchmal benötigt es auch Konflikte, um Probleme zu lösen. Bieten Sie zudem Alternativen zu digitalen Spielen an. Dies könnte beispielsweise ein gemeinsamer Ausflug mit der Familie sein.

Umgang mit problematischen Spielinhalten


Viele digitale Spiele enthalten gewalthaltige Darstellungen oder Spielmechaniken. Informieren Sie sich im Vorfeld über Spielinhalte und kommunizieren Sie die altersangemessenen Grenzen klar. Erste Orientierungshilfen können hier die Kennzeichen der USK und Spieletestseiten wie spieleratgeber-nrw.de oder spielbar.de bieten. Lassen Sie sich Spielinhalte von Ihrem Kind erklären oder spielen Sie die Spiele gemeinsam mit ihm. So können Sie problematische Inhalte direkt thematisieren und ihrem Kind eine reflektierte Mediennutzung vorleben.

Auch wenn die Inhalte eines Spiels nicht ihrem Geschmack entsprechen, versuchen Sie dies davon zu trennen, ob Sie das Spiel angemessen für Ihr Kind halten. Insbesondere Jugendliche finden einen besonderen Reiz darin, sich durch Spiele von den Interessen ihrer Eltern abzugrenzen.

Datenschutz und Umgang mit den Risiken virtueller Räume


Informieren Sie sich über die Plattformen, die Ihr Kind nutzt. Besprechen Sie die Risiken virtueller Räume mit Ihrem Kind und machen Sie es auf kritische Punkte aufmerksam. Fragen Sie nach, wenn Sie ein ungutes Gefühl haben, aber versuchen Sie, nicht zu verurteilen. Vielmehr sollten sie versuchen, gemeinsam einen Handlungsleitfaden zu entwickeln, wie sich alle Beteiligten verhalten sollten, wenn ihr Kind Zeuge oder Zeugin oder gar Opfer von Gewalt oder Hass im Internet wird. In diesem Falle gibt es für Erziehungsberechtigte und junge Menschen Beratungsstellen im Internet, zum Beispiel hateaid.org oder juuuport.de.

Außerdem sollten sie ihr Kind über Verhaltensweisen zum Datenschutz aufklären. Kinder und Jugendliche sollten keine persönlichen Daten an Personen weitergeben, die sie nicht kennen und diese insbesondere nicht in Foren oder anderen Plattformen, wie Discord posten. Auch ist bei realen Treffen zwischen den Kindern und Personen, die sie im Internet kennengelernt haben, Vorsicht geboten. Bleiben Sie hier klar und begründen Sie diese Notwendigkeiten.

Technische Schutzmaßnahmen


Viele Konsolen, Spiele-Plattformen und Betriebssysteme bieten integrierte Jugendschutzmaßnahmen an. Auch über spezielle Jugendschutz-Apps können solche Funktionen zu Geräten hinzugefügt werden. Mit ihnen kann die Nutzungszeit überwacht und eingeschränkt werden. Auch bestimmte Inhalte können hierüber gesperrt werden.

Pädagogische Haltung weiter notwendig
Nutzen Sie als Erziehungsberechtigte solche Funktionen, um Risiken zu begrenzen. Seien Sie sich aber darüber bewusst, dass es keine Schutzfunktion gibt, die Ihr Kind vor sämtlichen Gefahren bewahrt. Verlassen Sie sich also nicht allein auf technische Schutzfunktionen. Ihre Kind muss einen verantwortungsbewussten Umgang mit Medien erlernen. Besprechen Sie die Schutzmaßnahmen und erläutern Sie, warum diese sinnvoll und notwendig sind. Versuchen Sie dennoch nicht, das Medium und seine Gefahren pauschal zu verurteilen.

Vielen Kindern und Jugendlichen gelingt es früher oder später doch, Jugendschutzeinstellungen zu umgehen, oder sie sehen bei Freunden oder Bekannten Inhalte, die nicht für ihre Altersgruppe bestimmt sind. Bleiben Sie in solchen Situationen eine vertrauensvolle Ansprechperson für Ihr Kind, die Probleme lösen kann und vermeiden Sie Anschuldigungen. Muss Ihr Kind mit Bestrafung oder einem Verbot rechnen, besteht die Gefahr, dass es diese Erfahrungen verheimlicht und Sie überhaupt nicht erfahren, was Ihr Kind gerade beschäftigt.
Arne Goldmann
Dieser Artikel wurde verfasst von:

Anmerkungen

[1]Vgl. WHO (2022): ICD-11 in Deutsch – Entwurfsfassung, 06, Störungen durch Substanzgebrauch oder Verhaltenssüchte, URL: https://www.bfarm.de/DE/Kodiersysteme/Klassifikationen/ICD/ICD-11/uebersetzung/_node.html

Siehe auch

LEVEL 3: Wie spielt mein Kind gesünder und sicherer? Umgang und Regelungen

Was ist erlaubt?

Um Kinder und Jugendliche vor potenziellen Gefahren und unangemessenen Inhalten zu schützen, werden Neuerscheinungen geprüft und erhalten eine Altersfreigabe. Ein Überblick.

Medienerziehung

Elternratgeber

Worauf sollten Eltern achten, was müssen Eltern wissen? Hier finden Sie das Wichtigste zum pädagogischen Umgang mit digitalen Spielen.

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Kosten(fallen)

Digitale Spiele werden nicht mehr nur auf physischen Datenträgern vertrieben, sondern können ebenso in digitaler Form heruntergeladen oder gestreamt werden. Welche Kostenmodelle und Fallstricke es gibt, erfahren Sie hier.

Bildnachweise

[1]Annabell Koenen-Rindfrey für spielbar.de/ bpb.de[2]Annabell Koenen-Rindfrey für spielbar.de/ bpb.de[3]Annabell Koenen-Rindfrey für spielbar.de/ bpb.de[4]Annabell Koenen-Rindfrey für spielbar.de/ bpb.de